In unseren ersten beiden Artikeln zum Thema Unternehmenskultur, haben wir erörtert, wie die Kultur und ein psychologisch sicherer Arbeitsplatz unmittelbar miteinander verknüpft sind. Wir haben Ihnen Vorschläge für Richtlinien und Praktiken unterbreitet, die Sie zur Förderung einer positiven und gesunden Unternehmenskultur anwenden können.
Expert:innen definieren Unternehmenskultur als ein System gemeinsamer Werte, sozialer Normen und Symbole innerhalb einer Organisation. Die Kultur beeinflusst, wie die Beschäftigten in einer Firma Entscheidungen treffen, handeln und fühlen. Die Unternehmenskultur manifestiert sich sowohl in grundlegenden Annahmen – d.h. in Verhaltensmustern und -standards sowie Werten und Normen – als auch in bestimmten Artefakten oder Praktiken.
Es gibt viele Modelle für die Analyse und das Verständnis der Unternehmenskultur und dementsprechend viele Strategien, um sie zu verändern. Modelle wie diese sind sicherlich hilfreich, um ein akademisches Verständnis des Themas zu erlangen, aber Unternehmenskulturen passen selten in ein bestimmtes Muster, das mit einer standardisierten Methode verändert werden kann. Unternehmen sind ein Zusammenspiel aus vielen verschiedenen Elementen, die ganz unterschiedliche Unternehmenskulturen hervorbringen – dementsprechend gibt es auch kein Patentrezept für den Wandel einer Unternehmenskultur.
Wie können Sie nun also die einmalige Funktionsweise Ihrer Unternehmenskultur definieren und erfassen? Und sofern Ihnen das gelingt, welche Schritte können Sie danach unternehmen, um sicherzustellen, dass Sie einen Arbeitsplatz schaffen, an dem IHRE Mitarbeitenden sich wirklich wohlfühlen?
Als Botschafter:innen für mentale Gesundheit wissen wir, wie wichtig es ist, seine eigenen Grenzen zu kennen. Deshalb übergeben wir an dieser Stelle an unsere geschätzten Kolleg:innen und Geschäftspartner:innen von SHITSHOW, die uns genau diese Fragen beantworten können. SHITSHOW sind absolute Expert:innen auf ihrem Gebiet und wissen, worauf es bei einem Wandel der Unternehmenskultur ankommt. Sie unterstützen Unternehmen, Organisationen und Einzelpersonen tagtäglich dabei, mentale Gesundheit in ihr berufliches oder privates Leben zu integrieren.
Im Zusammenhang mit dem Thema mentale Gesundheit konnte SHITSHOW drei verschiedene Typen von Unternehmenskulturen identifizieren. Diese drei Typen unterscheiden sich grundlegend darin, welche Vorstellungen und Überzeugungen über mentale Gesundheit im Unternehmen vorherrschen, wie oft mentale Gesundheit offen angesprochen wird und welche Stakeholder an den Maßnahmen beteiligt sind, um das mentale Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden stärker zu fördern.
Nachstehend finden Sie einen Überblick über alle drei Typen. Da jede Unternehmenskultur ihren eigenen unverwechselbaren Charakter hat, werden Sie Ihre Firma hier vielleicht nicht sofort wiedererkennen, dennoch wird es vermutlich Ähnlichkeiten in den allgemeinen Tendenzen geben. Wenn Sie als HR-Verantwortliche:r oder Team Lead die Führungsebene davon überzeugen möchten, dass es dringend notwendig ist, sich (noch mehr) mit der mentalen Gesundheit auf Unternehmensebene zu befassen, können die folgenden Darstellungen als nützlicher Prüfstein dienen und mögliche Schwächen der aktuellen Unternehmenskultur aufdecken. Wenn Sie selbst Führungskraft sind, legen wir Ihnen ans Herz, Ihre eigenen Überzeugungen und Vorurteile in Bezug auf die mentale Gesundheit am Arbeitsplatz zu überprüfen. Nutzen Sie Ihren Einfluss als Führungskraft, um unternehmensweite Initiativen zur mentalen Gesundheit zu unterstützen und durchzusetzen – dies hat meist eine höhere Akzeptanz seitens der Beschäftigten zufolge.
Typ A: Mentale Gesundheit als Eigenverantwortung
Grundüberzeugungen
In Unternehmen des Typ A herrschen Grundüberzeugungen wie ‚Jede:r ist für sich selbst verantwortlich‘, ‚Mentale Gesundheit ist eine Privatangelegenheit‘ und ‚Stressbewältigung ist eine Frage der persönlichen Einstellung/Fähigkeit/Wissen‘.
Motivation
Diese Organisationen beschäftigen sich in der Regel erst seit kurzem mit dem Thema mentale Gesundheit. Die Motivation dahinter: Akute Probleme am Arbeitsplatz, die Führungskräfte schnellstmöglich unter Kontrolle bringen wollen (z.B. sich häufende krankheitsbedingte Arbeitsausfälle).
Umsetzung
Die Methoden oder Instrumente, die Unternehmen wie diese wählen, konzentrieren sich oftmals auf eine individuelle und verhaltensbezogene Ebene. Hierzu werden den Mitarbeitenden entweder Ressourcen zur Verfügung gestellt (wie z.B. Kurse zur Stressprävention, Apps, Coaching) oder sie bekommen ein oder mehrere Tage frei, um sich mit dem Thema der mentalen Gesundheit zu befassen (z.B. an speziell vorgesehenen Mental-Health-Days, etc). Arbeitsplatzspezifische Faktoren, die sich ebenfalls positiv auf die mentale Gesundheit auswirken können, werden hier seltener berücksichtigt (z.B. flexiblere Arbeitszeiten, usw.).
Beteiligung im Unternehmen
In der Regel sind nur wenige Personen an der Auswahl und Umsetzung von neuen Initiativen zur mentalen Gesundheit beteiligt. Personen, die speziell für solche Initiativen eingesetzt werden, haben oft keine Ausbildung im Bereich der mentalen Gesundheit und müssen diese neuen Herausforderungen mit ihren bestehenden Arbeitsaufgaben in Einklang bringen. Die initiierten Projekte laufen oft parallel und unabhängig von anderen betrieblichen Abläufen. Das höhere Management räumt dem Thema eine geringe Priorität ein oder fühlt sich nicht explizit verpflichtet, sich selbst mit dem Thema Stress –- oder anderen Themen der mentalen Gesundheit am Arbeitsplatz –- näher zu befassen.
Kommunikation
Die interne Kommunikation über mentale Gesundheit richtet sich meist lediglich an betroffene Beschäftigte und hat zum Ziel, diese zu ermutigen, sich extern Hilfe zu suchen. Die Kommunikation ist eher ereignisspezifisch und nicht langfristig ausgerichtet. Themen wie Stressbewältigung, Selbstfürsorge oder Psychohygiene stehen dabei meist im Fokus.
Typ B: Mentale Gesundheit ist Expertensache
Grundüberzeugungen
In Organisationen des Typ B herrschen unter anderem folgende Überzeugungen: “Mentale Gesundheit ist genauso wichtig wie körperliche Gesundheit“, „Wir sollten mehr über mentale Gesundheit sprechen“, „Mentale Gesundheit ist auch ein Thema der Unternehmenskultur“, „Mentale Gesundheit ist wichtig für das Employer Branding“.
Motivation
Diese Unternehmen wissen, wie wichtig die mentale Gesundheit für die Zufriedenheit, Motivation und Produktivität ihrer Mitarbeitenden ist. Statt nur dann auf psychische Probleme zu reagieren, sobald sie auftreten, ist man hier der Auffassung, dass Unterstützung und Prävention gefestigt und Entstigmatisierung aktiv gelebt werden sollten.
Umsetzung
Die interne und externe Kommunikation zum Thema mentale Gesundheit soll verbessert werden. Zu diesem Zweck werden Mental-Health-Days oder Schulungen für Manager:innen und Personalverantwortliche abgehalten. Gleichzeitig werden Unterstützungsmaßnahmen auf individueller Ebene ausgebaut (z.B. mittels EAP-Anbieter), aber auch Initiativen auf Teamebene ergriffen (z.B. durch Supervision, Teambildung). Darüber hinaus werden arbeitsplatz- und aufgabenspezifische Änderungen vorgenommen (z.B. mehr Flexibilität, Unterstützung von Eltern im Home Office, usw.). Welche Auswirkungen Faktoren wie Leistungserwartungen oder Zielvorgaben auf die mentale Gesundheit haben, wird hingegen nur selten untersucht.
Beteiligung im Unternehmen
Der Grad der Beteiligung ist höher als beim vorherigen Typ: Die Mitarbeitenden werden in regelmäßigen Umfragen nach ihren Bedürfnissen und Wünschen befragt. Einzelne Abteilungen, wie z.B. die Personalabteilung, bestärken die Mitarbeitenden dazu, offen über das Thema mentale Gesundheit zu sprechen. Die Führungsebene unterstützt die firmeninternen Expertengruppen durch die Bewilligung von Budgets und im Rahmen von Initiativen und Kampagnen. Mentale Gesundheit wird als ein bedeutender Aspekt von Diversity & Inclusion anerkannt. Um die mentale Gesundheit im Unternehmen zu stärken, arbeiten DEI-Teams daher oft eng mit HR zusammen.
Kommunikation
Diese Unternehmen verfügen bereits über ein recht hohes Maß an Transparenz in Bezug auf Fragen der mentalen Gesundheit. Neben Begriffen wie Stress und Selbstfürsorge werden hier auch „heikle“ Themen angesprochen und psychische Krankheiten beim Namen genannt. Sowohl die Führungsebene als auch die einzelnen Team Leads fördern diese Transparenz und Offenheit innerhalb ihrer Teams. Wissensaufbau und -transfer werden geschätzt.
Typ C: Mentale Gesundheit als unternehmensweites Anliegen
Grundüberzeugungen
In Unternehmen des Typ C herrschen Überzeugungen wie: ‚Die Gesundheit unserer Mitarbeitenden ist für uns genauso wichtig wie ihre Leistungsfähigkeit (und auf lange Sicht sogar noch wichtiger)‘, ‚Mentale Gesundheit ist ein Wert, der unser gesamtes Unternehmen prägt‘, ‚Stress ist nicht nur eine persönliche Angelegenheit, sondern auch eine Frage der Geschäftsstrategie‘.
Motivation
Diese Unternehmen erkennen die mentale Gesundheit als ein unternehmensweites Anliegen an, das sich über alle Hierarchieebenen erstreckt und eine regelmäßige Evaluierung erfordert. Sie sind bestrebt, die mentale Gesundheit langfristig zu fördern, um die Treue der Mitarbeitenden zu gewinnen und Personalfluktuation und Fehlzeiten nachhaltig zu senken.
Umsetzung
Ziel ist es, die mentale Gesundheit der Beschäftigten langfristig zu fördern und zu unterstützen. Daher werden regelmäßige Gefährdungsbeurteilungen psychologischer Belastung durchgeführt, um die Wirksamkeit der umgesetzten Maßnahmen zu bewerten. Negative Faktoren, wie Arbeitsplatzunsicherheit durch befristete Verträge oder zu hoch gesteckte Ziele, werden auf struktureller Ebene erkannt und ggf. minimiert.
Beteiligung im Unternehmen
Die Beteiligung erfolgt auf allen Seiten des Unternehmens. Wenn Mitarbeitende Lösungsansätze für mentale Probleme vorschlagen, werden diese ernst genommen. Die Beschäftigten bilden Arbeitsgruppen für mentale Gesundheit / Employee Resource Groups (ERGs) und werden aktiv einbezogen. Die jeweiligen Vertreter:innen werden entsprechend geschult, um als unabhängige Ansprechpartner:innen – außerhalb der Personalabteilung und der Geschäftsführung – für Fragen der mentalen Gesundheit zu fungieren. Auch Interessenvertreter:innen aus dem Betriebs- und Personalrat (wo zutreffend) werden in Diskussionen über Strategien und Praktiken zur mentalen Gesundheit einbezogen. Alle Beschäftigten werden ermutigt, an einem Strang zu ziehen, wenn es um Stressprävention oder andere Themen der mentalen Gesundheit geht. Auch die Führungsebene engagiert sich in hohem Maße für das mentale Wohlbefinden ihrer Beschäftigten.
Kommunikation
Über mentale Gesundheit wird offen geredet und die Mitarbeitenden werden regelmäßig und angemessen über das Thema informiert. Führungsebene und Team Leads sind dazu aufgefordert, auch über eigene psychische Probleme zu reden. Sie definieren die unternehmensweiten Ziele für mentale Gesundheit in regelmäßigen Abständen und legen offen, ob diese erreicht wurden oder nicht.
Das Psychological Safety Framework
Wie bereits erwähnt, treten die drei oben beschriebenen Typen selten in einer „reinen“ Form auf. Es geht auch gar nicht darum, irgendeinen Typen pauschal als „gut“ oder „schlecht“ zu bewerten – wichtig ist, dass mentale Gesundheit überhaupt einen Platz in der Unternehmenskultur findet und dass Organisationen entsprechende Schritte unternehmen. Der Aufbau einer Kultur, die mentale Gesundheit fördert, passiert nie mal eben so: Es ist vielmehr ein fortlaufender Prozess.
Die genannten Beispiele zeigen auch, dass in vielen Organisationen gute Ideen oder Initiativen scheitern, weil es an der Bereitschaft der Führungsebene fehlt, zu handeln und sich dafür einzusetzen, dass die mentale Gesundheit zu einer Priorität im Unternehmen wird. Darüber hinaus verfügen Unternehmen häufig nicht über ausreichende Mittel, um die Veränderungen im Bereich der mentalen Gesundheit strukturiert und gezielt anzugehen. Doch es ist genau das, was eigentlich gebraucht wird: Die Unternehmenskultur spielt eine grundlegende Rolle bei der Verringerung psychischer Risikofaktoren am Arbeitsplatz – und in Deutschland ist die Minderung psychischer Risiken am Arbeitsplatz seit 2013 im Rahmen der Arbeitsschutzvorschriften sogar gesetzlich vorgeschrieben.
Ein neuer, vielversprechender Ansatz für die Analyse und für einen Wandel hin zu Unternehmenskulturen, die die mentale Gesundheit nachhaltig fördern, ist der Psychological Safety Framework (PSC). Der PSC wurde ursprünglich in Australien entwickelt und ermöglicht es Unternehmen im Gegensatz zu anderen, breiter angelegten Konzepten, ihre Unternehmenskultur explizit auf die Auswirkungen der mentalen Gesundheit ihrer Beschäftigten zu untersuchen. Anhand der Ergebnisse können dann gezielte Veränderungen der Unternehmenskultur vorgenommen werden. Der PSC ist außerdem hilfreich, um anschließend den Erfolg der neuen Maßnahmen zu ermitteln, dabei werden Faktoren wie das Engagement der Führungskräfte, die Kommunikation und die Beteiligung im Unternehmen untersucht und immer wieder neu bewertet.
In den Beratungsgesprächen von SHITSHOW dient der PSC als Ausgangspunkt, um Organisationen dabei zu helfen, auf die Ergebnisse in einer Weise zu reagieren, die ihrer einzigartigen Unternehmenskultur und den verfügbaren Ressourcen angemessen ist.
Wenn Sie einen tieferen Einblick in die Arbeit von SHITSHOW erhalten möchten, können Sie sich gerne selbst von dem Vorgehen und Evalulierungsangebot überzeugen. Es wurde speziell für Personalmanager:innen und Führungskräfte entwickelt, die ihre Unternehmenskultur auf das mentale Wohlbefinden ihrer Beschäftigten ausrichten und ein besseres Verständnis dafür entwickeln wollen, wie man diese so wichtige Aufgabe am besten angeht.