Psychische Gefährdungsbeurteilung (GB Psych): Anforderungen, Ablauf & Maßnahmen

Die psychische Gefährdungsbeurteilung (GB Psych) ist nicht nur gesetzlich verpflichtend. Sie ist auch eine nachhaltige Investition in die Gesundheit der Mitarbeitenden. Aber was steckt eigentlich dahinter, wie läuft eine GB Psych ab und wie viel kostet sie?

In Deutschland sind Arbeitgebende gesetzlich dazu verpflichtet, im Rahmen des Arbeitsschutzes für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit zu sorgen. Dafür sieht das Gesetz ein zentrales Instrument vor: die Gefährdungsbeurteilung. Sie bezieht neben der physischen, auch die psychische Unversehrtheit der Arbeitskräfte ein.

Während die meisten Unternehmen sehr gut wissen, wie sie greifbare Gefährdungen wie Sturzgefahren, Brandschutz und Verletzungsrisiken vermeiden, sieht es bei psychischen Gefährdungen oft anders aus. Die GB Psych ist jedoch ein wichtiges Element der allgemeinen Gefährdungsbeurteilung und gewinnt gerade in Zeiten, in denen Arbeitsausfälle aufgrund psychischer Belastungen am Arbeitsplatz immer neue Höchststände erreichen, an Bedeutung.

Was ist die psychische Gefährdungsbeurteilung (GB Psych)?

Bei einer psychischen Gefährdungsbeurteilung, kurz GB Psych, ermitteln Unternehmen die potenziellen Risiken, die die psychische Gesundheit der Belegschaft gefährden. Es geht also darum, psychisch belastende Arbeitsbedingungen zu identifizieren, die krank machen könnten.

Im Fokus steht hier nicht die psychische Konstitution des oder der Einzelnen, sondern vielmehr die Rahmenbedingungen, die Mitarbeitende an ihrem Arbeitsplatz vorfinden. Laut Gesetz geht es um Faktoren wie:

  • Arbeitsorganisation: Wie läuft die Arbeit ab? Wie wird kommuniziert und zusammengearbeitet? (Prozesse, Workflows, Abläufe usw.)
  • Arbeitsaufgaben und Arbeitsinhalte: Wie werden die Aufgaben verteilt? Passen die Aufgaben zu den Qualifikationen der Mitarbeitenden? (Arbeitsintensität, Überforderung usw.)
  • Arbeitsumgebung: Wie förderlich ist die Umgebung? Ist ein störungsfreies Arbeiten möglich? (Lärm, Klima, Licht)
  • Arbeitsmittel: Haben die Mitarbeitenden alles, was sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen? (IT, Maschinen, Einrichtung usw.)
  • Soziale Beziehungen: Wie gestaltet sich das Miteinander am Arbeitsplatz? Wie ist das Arbeitsklima? (Führungsverhalten, allgemeine Zufriedenheit, Mobbing usw.)

Warum ist eine psychische Gefährdungsbeurteilung (GB Psych) so wichtig?

Abgesehen davon, dass die GB Psych gesetzlich verpflichtend ist, spielt sie eine Rolle bei:

  • Mitarbeitergesundheit:
    Wenn die Risiken für die mentale Gesundheit am Arbeitsplatz frühzeitig erkannt und minimiert werden, verbessert sich das Wohlbefinden und damit auch die allgemeine Gesundheit und Zufriedenheit im Unternehmen.
  • Produktivität:
    Je geringer die mentalen Belastungen am Arbeitsplatz, desto höher ist die Produktivität und Motivation der Mitarbeitenden. Wer sich bei der Arbeit wohlfühlt, ist fähig und bereit, mehr zu leisten, und fällt weniger oft aus.
  • Arbeitsatmosphäre:
    Allein die Auseinandersetzung mit dem Thema mentale Gesundheit kann ein positives Arbeitsumfeld fördern und davon profitiert am Ende auch die Unternehmenskultur.

All das macht die psychische Gefährdungsbeurteilung (GB Psych) zu einem zentralen Instrument in der Betrieblichen Gesundheitsförderung.

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen der GB Psych

Es gibt drei Gesetzestexte, die für die psychische Gefährdungsbeurteilung (GB Psych) relevant sind:

  1. Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
    Laut ArbSchG müssen Arbeitgebende die Arbeit für ihre Arbeitnehmenden so gestalten, dass jegliche Gefährdung für das Leben, die physische und die psychische Gesundheit möglichst gering ist.
  2. Die Unfallverhütungsvorschrift 100-001 der DGUV
    Relevante Ergänzungen zu den im ArbSchG genannten psychischen Gefährdungsfaktoren liefert die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV).
  3. Die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA)
    Die GDA war vor allem an der Definition der Dokumentationsanforderungen beteiligt und liefert dir in ihrer Leitlinie konkrete Schritte für die Gefährdungsbeurteilung.

So funktioniert eine psychische Gefährdungsbeurteilung (GB Psych)

Bevor du mit der Beurteilung startest, solltest du bestimmen, wer im Unternehmen die Verantwortung für den gesamten Prozess übernimmt: also nicht nur für die Beurteilung selbst, sondern auch für die Umsetzung der Maßnahmen und die laufende Aktualisierung der GB-Psych-Dokumentation.

In den meisten Unternehmen ist ein ganzes Team involviert: Neben Arbeitssicherheits- und Arbeitsschutzbeauftragten haben oft auch Betriebsrat, Betriebsmedizin, Verantwortliche aus HR, die Führungsebene und natürlich die Mitarbeitenden selbst etwas zu sagen.

So läuft eine psychische Gefährdungsbeurteilung (GB Psych) ab

Du kannst die GB Psych entweder gesondert oder im Rahmen der allgemeinen Gefährdungsbeurteilung laut § 5 ArbSchG durchführen. Der Beurteilungsprozess lässt sich in die folgenden Phasen unterteilen:

Phase 1: Planen

Überlege dir nicht nur, wen du bei der GB Psych hinzuziehen musst, sondern auch, von wann bis wann die einzelnen Schritte stattfinden sollen. Vergiss bei der zeitlichen Planung die Phase nach der erfolgten Beurteilung nicht und bestimme am besten vorab, wie oft du die Dokumentation aktualisieren möchtest.

Sofern keine besonderen Bestimmungen gelten, gibt dir das Gesetz keine Intervalle vor. Die Dokumentation muss lediglich aktuell gehalten werden. Die Empfehlung lautet jährlich beziehungsweise immer dann, wenn sich am Arbeitsumfeld Grundlegendes ändert, zum Beispiel wenn neue Anlagen in Betrieb gehen.

Phase 2: Mitarbeitende in Gruppen teilen

Je nachdem, was Mitarbeitende genau machen, unterscheiden sich die Risiken, denen sie ausgesetzt sind: Es macht einen Unterschied, ob jemand im Laden Produkte direkt an Kunden verkauft oder diese in der Fabrik herstellt. Aus diesem Grund sieht das Gesetz vor, dass Mitarbeitende in Gruppen, wie Verwaltung, Außendienst, Produktion usw., eingeteilt werden. Wie du das machst, ist dir überlassen. Du musst die Einteilung lediglich nachvollziehbar dokumentieren.

Phase 3: Psychische Gefährdungen erfassen

Wie du die psychischen Gefährdungen in deinem Unternehmen erfasst, steht dir frei. Du kannst damit beginnen, dass du alle vorhandenen relevanten Daten erfasst, zum Beispiel Krankenstands- und Fehltage, Kennzahlen zur Fluktuation oder Ergebnisse vergangener Mitarbeiterbefragungen. Die meisten Unternehmen befragen danach ihre Mitarbeitenden. Überlege dir, welche Methoden in deinem Betrieb und deiner Branche am effektivsten sind und passe eventuelle Fragebögen immer an dein Unternehmen an.

Phase 4: Gefährdungen evaluieren

Nachdem du in Phase 3 die Risiken für die mentale Gesundheit deiner Belegschaft erfasst hast, folgt die Bewertung der Gefährdungen, um festzustellen, ob Handlungsbedarf besteht. Das Schwierige an dieser Phase ist, dass es keine allgemeingültigen Maßstäbe gibt. Es liegt also an dir und deinem Team, die Bereiche zu identifizieren, in denen es Maßnahmen zur Risikominimierung brauchen könnte.

Viele Unternehmen erstellen ein Ranking und kümmern sich um die drei häufigsten Gefährdungen in ihrem Betrieb, also zum Beispiel um ein schlechtes Arbeitsklima, eine zu hohe Stressbelastung und mangelnde Führungskompetenz. Andere priorisieren mit Schulnoten- oder Ampelsystemen.

Phase 5: Maßnahmen gestalten

Nun, da du weißt, in welchen Bereichen Handlungsbedarf besteht, geht es an die Gestaltung konkreter Maßnahmen, um die Gefährdungen zu reduzieren. Damit du dich hier leichter tust, könntest du die Mitarbeitenden bereits bei der Befragung um Lösungsvorschläge bitten, indem du immer dann, wenn ein:e Mitarbeiter:in eine Gefährdung als besonders hoch einstuft, Fragen stellst wie: „Was könnte das Unternehmen tun, damit xy besser wird?“.

Denke bei diesen Maßnahmen nicht immer nur im großen Rahmen. Fühlen sich Mitarbeitende durch den Lärm im Großraumbüro gestört? Dann biete geräuschdämpfende Kopfhörer an. Hat eine Abteilung den Eindruck, nie genug Informationen zu erhalten? Dann schlage den Führungskräften regelmäßige Update-Meetings für die gesamte Abteilung vor.

Andere Gefährdungen wie eine negative Kommunikations- oder Führungskultur im Unternehmen lassen sich natürlich nicht über Nacht reduzieren. Hier könnten gezielte Weiterbildungsprogramme und digitale Plattformen wie nilo langfristig eine gute Lösung sein.

Mit nilo haben Mitarbeitende einfach Zugang zu einem sehr diversen Angebot an Themen und Formaten. Von den 1-1 Sitzungen mit Psycholog:innen bis hin zu digitalen Programmen und Tools. So werden die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeitenden mit nur einer Plattform abgedeckt.

Phase 6: Erfolg messen & GB Psych aktualisieren

Nachdem die Maßnahmen gesetzt sind und laufen, ist es nicht nur von Gesetzes wegen vorgeschrieben, sondern auch sinnvoll, den Erfolg deiner Maßnahmen regelmäßig zu prüfen. Wenn du die wichtigsten Kennzahlen in deiner GB-Psych-Dokumentation laufend erfasst, hast du einen Teil deiner Fortschreibungspflicht bereits erfüllt.

Wie du die Fortschritte misst, hängt von den gesetzten Maßnahmen ab. Am besten überlegst du dir vorab, welche Kennzahlen du wie erfassen kannst, damit du Erfolge messen und Maßnahmen optimieren kannst.

Phase 7: Ergebnisse dokumentieren

Die Dokumentation der psychischen Gefährdungsbeurteilung (GB Psych) ist gesetzlich verpflichtend und muss zeigen, dass dein Unternehmen Gefährdungen am Arbeitsplatz reduziert, um ein sicheres Arbeitsumfeld zu schaffen.

Halte hier auch fest, mit welchen Maßnahmen dein Unternehmen das mentale Wohlbefinden der Belegschaft langfristig sichert. Das können Führungskräftetrainings genauso sein wie Programme zur Förderung der mentalen Gesundheit im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements.

H3 Wie viel kostet eine psychische Gefährdungsbeurteilung (GB Psych)?

Der zeitliche und finanzielle Aufwand einer GB Psych kann groß sein. Daher empfiehlt es sich, die Prozesse so aufzusetzen, dass die Dokumentation laufend, rasch und einfach aktualisiert werden kann. Digitale Tools bieten dir dafür zum Beispiel Reporting-Funktionen, mit denen du wichtige Kennzahlen regelmäßig in deiner GB-Psych-Dokumentation erfassen kannst.

Wenn du die GB Psych deines Unternehmens an fachkundigen Partner auslagerst, hast du zwar externe Kosten, kannst deine internen Aufwände aber gering halten.

Am Ende sollte die Frage nach den Kosten eher lautet: Was kostet es, keine psychische Gefährdungsbeurteilung zu machen? Neben den Bußgeldern, die bis zu 30.000 Euro betragen können, drohen nämlich auch Rechtsstreitigkeiten mit Arbeitskräften oder deren Vertretungen sowie Image-Verluste. Im schlimmsten Fall kann sogar die Geschäftsführung persönlich belangt werden.

Wer prüft die GB Psych?

Neben Arbeitsschutzbehörden können auch Unfallversicherer und Berufsgenossen­schaften im Rahmen von Inspektionen prüfen, ob dein Unternehmen eine ordnungsgemäße und aktuelle psychische Gefährdungsbeurteilung (GB Psych) vorlegen kann. Darüber hinaus haben auch Mitarbeitervertretungen wie Personal- und Betriebsräte ein Interesse daran. Daher solltest du diese vor, während und nach einer Gefährdungsbeurteilung hinzuziehen.

Fazit: Die GB Psych als Chance für mehr Mitarbeiterzufriedenheit

Mit der verpflichtenden psychischen Gefährdungsbeurteilung (GB Psych) stellen Gesetzgeber hohe Anforderungen an Unternehmen. Gleichzeitig bieten sie aber auch jedem Betrieb die Chance, genauer hinzusehen und konkrete Maßnahmen zu ergreifen, von denen nicht nur die Gesellschaft als Ganzes, sondern auch das Unternehmen profitiert.

Unterstützung findest du bei Anbietern wie nilo und unseren fachkundigen Partnern. Gemeinsam sichern wir nicht nur deine GB-Psych-Compliance, sondern reduzieren auch Risikofaktoren wie Stress am Arbeitsplatz – für glücklichere, zufriedenere und produktivere Mitarbeitende.

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