Im Fokus: nilo Psychologin Flavia

Ein globales Team aus Top-Psycholog:innen bildet das Fundament der nilo.health Plattform, auf der jede:r Nutzer:in in Einzelgesprächen individuell und professionell betreut wird. In unserer neuen Reihe möchten wir dir unsere Psycholog:innen näher vorstellen. Diesmal erfährst du mehr über unsere Psychologin Flavia, was ihre Arbeit mit Unternehmen und Angestellten auszeichnet und wie Führungskräfte ein solides und gesundes Arbeitsumfeld schaffen können.

nilo Psychologin Flavia

Hallo Flavia, möchtest du dich kurz vorstellen?

Ich bin klinische Psychologin, integrative Psychotherapeutin und Life Coach. In den letzten 25 Jahren habe ich Patient:innen (sowohl Einzelpersonen als auch Paare, Familien und Gruppen) beim Umgang mit Angstzuständen, Panikattacken, Trauer, Stress und Umständen wie das Leben als Auswanderer oder Drittkulturkind unterstützt. Außerdem habe ich als Coach Menschen dabei geholfen, ihre Ziele zu identifizieren und zu verwirklichen. Ich arbeite mit einem pluralistischen, integrativen Modell und wende evidenzbasierte Theorien und Methoden an, um für jede:n neue:n Patient:in einen individuellen Fahrplan zu erstellen. 

Neben meiner Arbeit als Privatpsychologin war ich als Dozentin in verschiedenen Studienprogrammen, als Trainerin und Coach in internationalen Unternehmen (Nokia, Mercedes-Benz, Ferrero etc.), als Supervisorin in Psychiatriezentren sowie als interkulturelle Beraterin in Flüchtlingslagern und ethnopsychiatrischen Abteilungen tätig. Bei meiner Arbeit als psychologische Beraterin an Schulen und Universitäten hatte ich Kontakt mit jüngeren Patient:innen, Immigrant:innen und Studierenden und habe als Kinderpsychologin psychologische Gutachten für Kinder erstellt. Ich habe sowohl als Autorin als auch als Co-Autorin an insgesamt 9 Büchern zu Themen der angewandten Psychologie mitgewirkt. 

Das Beste an meiner Arbeit ist, dass ich meinen Patient:innen dabei helfe, zu erkennen, wie einzigartig sie sind, und ihr Potenzial voll auszuschöpfen, damit sie ihre Träume und Ziele verwirklichen können.

Ihren Stolz und ihre Freude mitzuerleben, wenn sie große Herausforderungen bewältigen und ihre Ziele erreichen, manchmal nach vielen schmerzhaften Rückschlägen, berührt mich immer sehr. Mein Arbeits- und Privatleben steht ganz im Zeichen der Achtsamkeit, was mir dabei hilft, bewusst zuzuhören und anderen mit Respekt, Toleranz und Freundlichkeit zu begegnen. 

Wo lebst du und welche Sprachen sprichst du? 

Aktuell wohne ich in Litauen und spreche fließend Italienisch (meine Muttersprache), Deutsch und Englisch und bin gerade dabei, mein Französisch aufzubessern. 

Wie wirkt sich die Stigmatisierung der mentalen Gesundheit am Arbeitsplatz auf Angestellte aus? 

Viele haben Angst davor, darüber zu sprechen, wenn es ihnen mental nicht gut geht, sie Schmerz empfinden oder im Alltag damit zu kämpfen haben, ein gesundes Gleichgewicht zwischen Privat- und Arbeitsleben zu finden. Die Betroffenen haben oft Angst vor negativen Auswirkungen am Arbeitsplatz, vor schlechten Beurteilungen, vor der damit verbundenen Scham und dem Gefühl, eine Belastung zu sein. Diese Bedenken sind vor allem deshalb so hartnäckig, weil immer noch sehr viel Unwissen darüber herrscht, wie häufig Menschen tatsächlich mit Stress, Angstgefühlen und Unsicherheit zu kämpfen haben. 

Die meisten Menschen, mit denen arbeite, haben Schwierigkeiten, eine zufriedenstellende Work-Life-Balance zu finden, sind gestresst, und sind teilweise sogar schon im Burnout . Oft sind es Zweifel daran, in der richtigen beruflichen Rolle zu sein oder den falschen Zielen unachzujagen.

Wie lässt sich mentale Gesundheit am Arbeitsplatz entstigmatisieren? 

Ein erster wichtiger Schritt ist, Programme zur Förderung der mentalen Gesundheit umzusetzen, die sowohl für Mitarbeitende als auch für Teams geeignet sind und Workshops sowie Gruppensitzungen zu Themen wie Work-Life-Balance, Stress, Umgang mit Angstzuständen und Übergangsmanagement beinhalten. Durch die Zusammenarbeit mit nilo habe ich beispielsweise beobachten können, wie Angestellte, die über ihre positiven Erfahrungen mit diesen Initiativen berichten, andere Kolleg:innen dazu motivieren konnten, ebenfalls teilzunehmen. So können sie zum ersten wichtigen Schritt ermutigt werden, ohne sich zu „schämen“ oder so zu fühlen, als wären sie „anders“ oder „falsch“ – Gefühle, die häufig bei Menschen auftreten, die Unterstützung suchen. 

Die Suche nach geeigneter Unterstützung kann sich als mühsam erweisen… Wenn das Unternehmen diese mentale Unterstützung jedoch anbietet, können viele Hindernisse umgangen werden.

Wie können Angestellte deiner Meinung nach von mentaler Unterstützung am Arbeitsplatz profitieren? 

Die meisten Angestellten, mit denen ich gearbeitet habe, haben Probleme damit, ein Gleichgewicht zwischen ihrem Arbeits- und Privatleben zu finden. Sie fühlen sich gestresst und stehen kurz vor einem Burnout. Oft haben sie Bedenken bezüglich ihrer Rolle im Unternehmen und stellen ihre Ziele und Wünsche infrage. Aber Unterstützung zu finden stellt sich oft als schwierige Aufgabe heraus: Betroffene wissen häufig nicht, welche Art von Unterstützung sie benötigen – ob Beratung, Coaching oder Psychotherapie.

Außerdem gibt es mitunter lange Wartelisten. Eine qualifizierte Fachkraft zu finden, die darüber hinaus noch ihre Sprache oder wenigstens Englisch spricht, kann sich schwierig gestalten.

Wenn Unternehmen ihre Angestellten bei diesen Herausforderungen unterstützen, können viele dieser Hindernisse überwunden werden. Dann wagen Angestellte eher den ersten Schritt, suchen sich Hilfe, stärken ihr mentales Wohlbefinden und können in einigen Fällen Schlimmeres verhindern. 

Und wie können Unternehmen wiederum von mentaler Unterstützung für ihre Angestellten profitieren? 

Diese Frage hängt eng mit der vorherigen zusammen. Wenn alle Angestellten ihr emotionales Wohlbefinden stärken können, profitiert davon im Endeffekt auch das Unternehmen. Ein gestärktes mentales Wohlbefinden wirkt sich positiv auf die Produktivität, die Mitarbeitendenzufriedenheit und den allgemeinen Geschäftserfolg aus. Ich habe regelmäßig beobachtet, dass Angestellte, die mentale Unterstützung erhalten, eine stärkere Bindung zu ihrem Unternehmen aufbauen und dankbar sind. Sie fühlen sich umsorgt und zugehörig und sind dadurch wiederum stolz darauf, ein fester Bestandteil des Unternehmens zu sein.

Kannst du uns von einem Fall erzählen (natürlich anonym!), bei dem du deutlich sehen konntest, wie sich deine Arbeit positiv auf das Leben einer anderen Person ausgewirkt hat? 

Ich hatte einen Patienten in seinen Fünfzigern, der sich trotz lebenslanger Probleme nie Unterstützung gesucht hat. Als Auswanderer war es für ihn schwer, im öffentlichen Gesundheitswesen Unterstützung in seiner Muttersprache zu finden. Sein Unternehmen bot mentale Unterstützung über nilo an und auch seine Kolleg:innen berichteten positiv von ihren Erfahrungen. Deshalb wollte auch er es einmal versuchen. 

Anfangs sprach er noch viel über seinen jugendlichen Sohn, nutzte die Sitzungen dann jedoch immer mehr, um sich selbst zu entdecken, und setzte alle Tipps und Tools sofort in die Tat um. Je mehr er sich öffnete, desto mehr erkannte er, wie sich seine Vergangenheit auf sein heutiges Ich auswirkt. Wir sprachen auch über sein Berufsleben und er verstand mit meiner Hilfe zum Beispiel, warum er Präsentationen mied und nie seine Gedanken und sein Wissen mit anderen teilte, was ihn im Berufsleben natürlich ausbremste. 

In unserer letzten Sitzung erklärte er, dass er sich sowohl in seinem Privat- als auch in seinem Berufsleben sicherer fühle: Er war voller Motivation und Hoffnung, erkannte besser seine Stärken, trat immer häufiger aus seinem Schatten heraus und ging hin und wieder auch Risiken ein. Auch die Beziehung zu seinem Sohn konnte gestärkt werden. Er blickte nun insgesamt positiver und hoffnungsvoller in die Zukunft, zeigte sich optimistischer und war dankbar für diese transformative Reise, die ohne nilo und sein Unternehmen in dieser Form nur schwer möglich gewesen wäre. 

Wie können Manager:innen und Führungskräfte deiner Meinung nach ein gesundes Arbeitsumfeld schaffen, in dem das mentale Wohlbefinden aller im Fokus steht? 

Ein positives Arbeitsumfeld, in dem die mentale Gesundheit aller Angestellten oberste Priorität hat, erfordert viel Fingerspitzengefühl, vor allem, weil jedes Team und jedes Unternehmen so vielschichtig ist. Menschen zu unterstützen, die bereits viel Erfahrung in ihrer komplexen Rolle haben, ist auch eine Herausforderung. Durch meine Arbeit mit Angestellten habe ich viele wichtige Einblicke erhalten, darunter auch, in welche Bereiche mehr Zeit und Ressourcen investiert werden müssen: die Arbeitsumgebung, das Team, die einzelnen Angestellten und die Führungskräfte. 

Die Grundlage bildet eine inklusive, empathische und diverse Unternehmenskultur, in der sich alle wertgeschätzt fühlen. Transparente Kommunikation und gegenseitiges Vertrauen zwischen Kolleg:innen und Führungskräften spielen eine wichtige Rolle für die Zusammenarbeit, Innovationskraft und das Zugehörigkeitsgefühl innerhalb des Unternehmens. 

Die Anerkennung und Wertschättung für Mitarbeitende und ihre Leistungen sollte nie unterschätzt werden.

Das Wohlbefinden von Angestellten zu stärken bedeutet, sie mit den richtigen Tools auszustatten, zum Beispiel durch spezielle Schulungen, interaktive Workshops oder Alternativen wie Kunsttherapie, Stressmanagement, Konfliktbewältigung und Teambuilding. Genauso wichtig ist es, ein gutes Gleichgewicht zwischen Arbeits- und Privatleben durch flexible Arbeitsbedingungen, Wellness-Initiativen und regelmäßige Arbeitspausen zu schaffen. Um Burnout vorzubeugen, muss außerdem auf das Arbeitspensum geachtet werden. 

Daneben sollte man nie vergessen, wie wichtig es ist, Erfolge von Angestellten anzuerkennen und zu würdigen. Damit alle Angestellten auch langfristig motiviert und zufrieden sind, muss es Möglichkeiten zur beruflichen Weiterentwicklung oder für den Erwerb neuer Fähigkeiten geben. Klare Erwartungen, Rollen und Verantwortungen festzulegen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass das Arbeitspensum zu bewältigen ist, ist ein weiterer wichtiger Punkt. Private Beratungsleistungen können dringend benötigte Unterstützung bieten. 

Zu guter Letzt: Führungskräfte haben eine starke Vorbildfunktion. Wenn auch sie auf ein gesundes Gleichgewicht zwischen Arbeits- und Privatleben, regelmäßige Pausen und eine positive Einstellung achten, machen sie dadurch allen Angestellten deutlich, wie wichtig mentale Gesundheit ist. Um ein gesundes Arbeitsumfeld aufrechtzuerhalten, müssen wir uns immer wieder an neue Gegebenheiten anpassen. Deshalb ist es wichtig, Ergebnisse zu bewerten, Anpassungen vorzunehmen und das Wohlbefinden der Teammitglieder immer an erste Stelle zu setzen. 

Natürlich ist das alles leichter gesagt als getan, aber das sollte uns nicht davon abhalten, diese Strategien in die Tat umzusetzen. 

Ich wünsche allen, die sich dieser Aufgabe widmen, viel Erfolg!

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