Warum bevorzugen so viele Menschen weibliche Psychologinnen?

Was siehst du, wenn du dir eine:n Psycholog:in vorstellst: Eine nette, rücksichtsvolle und hilfsbereite Person, die dir dabei hilft, Herausforderungen zu bewältigen und Probleme zu überwinden? Kannst du diese Person einem Geschlecht zuordnen? Während natürlich jede Person unabhängig vom Geschlecht ein:e toll:e Psycholog:in sein kann, zeigen aktuelle Daten von nilo.health, was viele von uns schon instinktiv wissen: Viele Menschen bevorzugen weibliche Psychologinnen.

Warum so viele Menschen weibliche Psychologinnen bevorzugen

Aber warum ist das so? Haftet männlichen Psychologen etwa ein Stigma an? Und was genau sagen die Daten? Schauen wir uns das genauer an.

Wer bevorzugt weibliche Psychologinnen?

Laut unseren Daten lautet die einfache Antwort: die meisten!

Unsere Daten liefern spannende Erkenntnisse, darunter:

  • 74 % aller nilo.health User:innen bevorzugen weibliche Psychologinnen
  • 56 % der männlichen User bevorzugen weibliche Psychologinnen 
  • 86 % der User:innen, die sich Familienproblemen widmen möchten, bevorzugen weibliche Psychologinnen.

In einigen interessanten Fällen war der Fokus auf weibliche Psychologinnen weniger deutlich, auch wenn trotzdem die meisten eher zu ihnen tendierten. Zum Beispiel… 

  • Männliche User bevorzugen LGBTQ-Psycholog:innen stärker als weibliche Userinnen: 16 % der männlichen User bevorzugen LGBTQ-Psycholog:innen, wohingegen dies nur auf 5 % der weiblichen Userinnen zutrifft.
  • Die Mehrheit der User:innen, die sich mit Suchtthemen auseinandersetzen möchten, suchen Rat bei männlichen Psychologen.
  • Die Mehrheit der User:innen (darunter insbesondere männliche User) die sich mit Managementthemen auseinandersetzen möchten, suchen Rat bei männlichen Psychologen: 50 % der Männer, die sich mit Managementfragen beschäftigen, bevorzugen weibliche Psychologinnen, während 44 % männliche Psychologen vorziehen.
  • Die Gen Z und jüngere User:innen haben eher eine Präferenz für LGBTQ- oder PoC-Psycholog:innen und etwas weniger für weibliche.

Doch trotz dieser interessanten Fälle besteht eine starke Präferenz für weibliche Psychologinnen. Das macht es umso spannender zu erforschen, warum genau unsere User:innen  – und auch viele andere, die Therapie in Anspruch nehmen möchten – eher zu weiblichen Psychologinnen tendieren.

Psycholog:innen sind meistens weiblich

Eine Erklärung könnte ein ganz einfacher Fakt sein: Weibliche Psychologinnen sind ihren männlichen Kollegen zahlenmäßig überlegen. Die American Psychological Association berichtet, dass Frauen 76 % der frisch promovierten Psycholog:innen, 74 % der Nachwuchspsycholog:innen und 53 % der psychologischen Arbeitskräfte ausmachen. (Trotzdem werden Frauen in der Psychologie deutlich schlechter bezahlt.) Das spiegelt sich auch in den Daten unserer nilo.health Plattform wider: unser Pool aus führenden Psycholog:innen auf der ganzen Welt besteht zu 79 % aus Frauen. 

Natürlich bedeutet das alles nicht, dass Therapiesuchende keinen männlichen Psychologen anfrgaen können. Aber es bedeutet, dass wir an weibliche Psychologinnen gewöhnt sind.

Eventuell suchen Klient:innen gezielt nach weiblichen Psychologinnen, weil das zu ihrer Vorstellung von psychologischen Fachkräften passt.

Genauso kann es sein, dass eine Person, die bereits erfolgreich bei einer Psychologin in Therapie war, ihre Fähigkeiten mit ihrem Geschlecht in Verbindung bringt und deshalb beim nächsten Mal wieder um eine weibliche Psychologin bittet. 

Wir assoziieren weibliche Psychologinnen mit weiblichen Stereotypen

Ein etwas komplexerer Grund ist möglicherweise, dass wir weibliche Psychologinnen mit weiblichen –teilweise altmodischen oder gar sexistischen – Stereotypen in Verbindung bringen. Viel zu oft wird von der Gesellschaft suggeriert, dass Frauen fürsorglich, sanft, liebenswürdig, empathisch und aufmerksam sein müssen und immer ein offenes Ohr für andere haben. Zwar haben diese Stereotypen vor allem für Frauen oft negative Auswirkungen, doch nichtsdestotrotz sind sie nützliche Eigenschaften für psychologische Fachkräfte! 

Einige Daten weisen darauf hin, dass diese Stereotypen in ihrem Kern der Wahrheit entsprechen. Eine finnische Studie fand heraus, dass weibliche Therapeutinnen, die Patient:innen mit Suchtproblemen behandelten, deutlich freundlicher und empathischer vorgingen als ihre männlichen Kollegen. Das Ergebnis: wesentlich höhere Behandlungserfolgsraten, denn Empathie von Therapeut:innen kann in Bezug auf das Behandlungsergebnis eine Abweichung von sage und schreibe 67 % ausmachen.

Aus den Daten unserer nilo.health Plattform geht jedoch hervor, dass diese Stereotypen ein zweischneidiges Schwert sind. Dass User:innen bei Managementthemen bevorzugt Beratungen bei männlichen Psychologen in Anspruch nahmen, kann ein Hinweis darauf sein, dass wir Männer vorrangig mit Unternehmenserfolg in Verbindung bringen. Und genauso es gibt viele empathische männliche Psychologen, deren Unterstützung inspirierend und lebensverändernd sein kann. 

Haftet männlichen Psychologen ein Stigma an?

Die zentrale Frage, die sich aus diesen Daten ergibt, ist, ob wir männlichen Psychologen gegenüber voreingenommen sind. In einer Untersuchung der American Psychological Association zeigte man sich besorgt darüber, dass die steigende Anzahl an weiblichen Psychologinnen und Psychologiestudentinnen einen negativen Einfluss auf die Vielfalt innerhalb der Psychologie haben könnte.

„Patient:innen arbeiten gern mit Personen zusammen, die ihnen ähnlich sehen“

Carol Williams-Nickelson, PsyD
Leitende Direktorin der American Medical Student Association and Foundation

Die Daten unserer nilo.health Plattform lassen jedoch darauf schließen, dass sich Männer oft bewusst für eine Frau entscheiden.

Um umgekehrten Sexismus in der Psychologie müssen wir uns keine Sorgen machen. Obwohl Frauen die Mehrheit der Psychologiestudierenden und praktizierenden Psycholog:innen ausmachen, herrscht ein durchschnittlicher Lohnunterschied zwischen männlichen und weiblichen Psycholog:innen von 20.000 US-Dollar. Weibliche Psychologieprofessorinnen brauchen länger, um eine Festanstellung als Lehrkraft zu finden und die Artikel männlicher Psychologen werden 30 % häufiger zitiert als die ihrer weiblichen Kolleginnen.

Männliche Psychologen erhalten außerdem häufiger Auszeichnungen für ihre Forschungsarbeit. Genauso sind die bekanntesten Namen in der Geschichte der Psychologie allesamt männlich: Sigmund Freud, Carl Jung – die Liste ließe sich noch weiter fortführen. Dadurch bleibt die Arbeit wichtiger Frauen wie Mamie Phipps Clark, Martha Bernal, Karen Horney und vielen mehr weitestgehend unbeachtet.

Wie wichtig die Möglichkeit zur Auswahl ist

Diversität is im Therapieangebot von großer Bedeutung. Die gute Nachricht ist, dass es viele brilliante männliche Psychologen gibt, die mit ihren weiblichen Kolleginnen zusammenarbeiten. User:innen, die lieber mit einem männlichen Psychologen sprechen möchten, ergibt sich dadurch kein Nachteil. Unser Pool an Psycholog:innen auf der ganzen Welt umfasst beispielsweise viele hervorragende männliche und nicht-binäre Psycholog:innen, die mit ihren weiblichen Kolleginnen zusammenarbeiten.

Tatsächlich bestimmt vielmehr die individuelle Chemie, ob Patient:in und Psycholog:in gut miteinander arbeiten können. Das Geschlecht spielt eine große Rolle bei dieser Chemie, aber es ist nicht der einzige Faktor, der einen großen Einfluss auf die Dynamik zwischen Patient:in und Psycholog:in hat. S

o können sich auch andere Identitätsmerkmale wie Ethnie, Sexualität und Klasse sowie subjektive Faktoren wie Kommunikationsstil, Sinn für Humor und vieles andere auf die Beziehung auswirken. Wir bei nilo haben einen Algorithmus entwickelt, um User:innen unter Berücksichtigung aller Faktoren eine passende Fachkraft zuzuweisen.

Letzten Endes ist es eine Entscheidung, die deine mentale Gesundheit und dein Wohlbefinden betrifft. Wenn du lieber mit einer weiblichen Psychologin sprichst, bist du ganz eindeutig nicht allein! Wenn du glaubst, dass dir ein Mann besser helfen kann, gibt es viele hervorragende Psychologen, mit denen du sprechen kannst.

Und wenn du noch unschlüssig bist, bleib offen und schau, mit wem du dich gut verstehst – auch das ist ein super Ansatz. Das hartnäckigste Stigma haftet nämlich nicht männlichen Psychologen an, sondern mentaler Unterstützung selbst.

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